Sunday, September 28, 2014

2014.09.56

Athena Tsingarida, Didier Viviers (ed.), Pottery Markets in the Ancient Greek World (8th-1st Centuries B.C.). Proceedings of the International Symposium held at the Université libre de Bruxelles 19-21 June 2008. Études d'archéologie, 5. Bruxelles: Centre de Recherches en Archéologie et Patrimoine (CReA-Patrimoine), 2013. Pp. 306. ISBN 9789461360335.

Reviewed by Rebecca Diana Klug, Georg-August-Universität Göttingen (rebecca-diana.klug@phil.uni-goettingen.de)

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2013 wurden die Beiträge eines Symposions aus dem Jahr 2008 "Pottery Markets in the Ancient Greek World" publiziert. Ziel des Symposions war es die archäologischen und die historischen Sichtweisen auf den antiken Handel einander gegenüberzustellen und somit eine Brücke zwischen beiden Seiten zu schlagen. Inhaltlich sind die Beiträge in drei Bereiche gegliedert: Handel und Händler, Feinkeramik, Vorratsgefäße. In jedem Bereich sind sowohl archäologische Fragestellungen und Methoden als auch historische Ansätze vertreten.

In seiner Einleitung (11-17) definiert John K. Davies den „Wirtschaftshistoriker". Im Anschluss daran entwirft er einen Fragenkatalog, auf den uns die antike Keramik eine Antwort geben sollte, z. B. Fragen zur Herkunft, Datierung und dem Gebrauch der Keramik auf der einen, Informationen zu den Fundorten auf der anderen Seite. Zusammen mit weiteren Daten wären so weitergehende Fragen zum Handel beantwortbar, beispielsweise zu den Händlern oder Handelsgütern. Zur Verdeutlichung der Überlieferungslücken stellt er den tatsächlichen Wissensstand diesem Idealbild gegenüber. Er spart hier nicht mit Kritik an wichtigen klassisch archäologischen Materialsammlungen wie Beazley und CVA, die seiner Ansicht nach für wirtschaftshistorische Fragestellungen wertlos sind (13). Dieser Ansicht kann man allerdings entgegenstellen, dass sie nicht zu diesem Zweck entstanden sind. Ein anderes Problem sieht er in der unreflektierten Verwendung von Begriffen wie „Markt" und „Handel". Die Übertragbarkeit dieser durch moderne Vorstellungen geprägten Begriffe werde ihm zu wenig hinterfragt.

Der erste Teil zum Handel und den Händlern wird von Alain Bresson und François de Callataÿ eingeleitet (21-24). Einen Teil von Davies Kritik relativieren sie sogleich, insbesondere im Hinblick auf Beazley und CVA. Allerdings bemerken sie zu Recht, dass ein kunsthistorischer Blickwinkel auf die Vasen für wirtschaftshistorische Fragen nicht sinnvoll ist (22). Stattdessen fragen sie nach der Rolle der Keramik im Handel sowie dem Wert eines einzelnen Gefäßes. Im Ergebnis – hier wird auf einen der folgenden Beiträge verwiesen (Véronique Chankowski, 25-38) – sehen sie diesen zwischen zwei extrem gegensätzlichen Thesen. Welchen Wert ein einzelnes Gefäß hatte und ob die Keramik eine Rolle für die Wirtschaft einer Stadt spielte, können sie nicht sicher beantworten; sie allerdings als bloßen Ballast zu bezeichnen, führe jedoch zu weit (22). Auch Véronique Chankowskis (25-38) beschäftigt sich mit dem materiellen Wert der Keramik. Sie verbindet die literarischen Quellen mit dem archäologischen Befund. Entsprechende Quellen beziehen sich allerdings vorwiegend auf Athen (36). Für andere Städte und Regionen ist dieser Ansatz daher sehr schwierig umzusetzen. Dyfri Williams (39-60) folgt mit seinem Beitrag zu den griechischen Töpfern und Malern. Sein Fokus liegt auf den beteiligten Personen, ihren Beziehungen und ihrer Interaktion im regionalen und überregionalen Handel. Ein direkter Kontakt zwischen Produzent und Käufer – handle es sich dabei um eine Privatperson, einen Händler oder öffentliche Aufträge – war an verschiedenen Orten möglich. Durch Interaktion und Kommunikation konnten bestimmte Keramikformen für bestimmte Märkte hergestellt werden. Williams verweist hier z. B. auf die Produktion etruskischer Formen mit griechischem Dekor in Athen, die wiederum in größerer Anzahl in Etrurien gefunden worden sind (45-48). Elizabeth Langridge-Noti untersucht dagegen die Ikonographie des Eucharides-Malers bzw. die Verbreitung des Eucharides-Malers (61-72). Auch sie bezieht dafür den Weg von der Produktion zum Konsumenten mit ein. Sie versucht damit zu zeigen, wie die Keramikproduktion auf den Markt ausgerichtet war (61). In Athen wurden also nicht nur Athen spezifische Vasenbilder verwendet. Zusätzlich können auch auswärtige Töpfer und Maler nachgewiesen werden. Wie schon Williams zuvor (40-41), beschäftigt sie sich mit den möglichen Verkaufsorten, der Werkstatt, der Agora und weiteren Märkten in Athen und Piräus (62-63). Für die Interaktion zwischen Produzent bzw. Händler und Konsument greift Langridge-Noti auf die „Middle Ground" Theorie zurück (65). Diese erscheint hier durchaus passend, da sie beiden Seiten eine Wahlmöglichkeit lässt und gleichzeitig die Möglichkeit eröffnet, dass die exportierten Gefäße an ihrem Zielort eine andere Funktion bzw. einen anderen Kontext besitzen als beispielsweise in Athen und es damit verschiedene Interpretationen für ein Bild geben kann (66).

Alexandra Villing (73-101) untersucht Ägypten als Markt für griechische Keramik. Sie stellt die wichtige Position von Naukratis heraus, erwähnt aber in gleicher Weise andere Orte mit griechischer Keramik. Ihr Fokus liegt auf der archaischen und klassischen Zeit. Neben griechischer Feinkeramik bezieht sie weitere Klassen ein (74). Zusätzlich verweist sie auf Gattungen wie Inschriften oder Keramikdarstellungen in der Kleinkunst. Naukratis schreibt sie eine wichtige Rolle im überregionalen und regionalen Handel zu. Im lokalen ägyptischen Handel sieht sie die griechische Keramik dagegen eher in einer untergeordneten Rolle (98). Auch Alan Johnston beschäftigt sich in seinem Beitrag mit Naukratis. Er bespricht die dort gefundene lakonische und äginetische Keramik (103-112). Als problematisch für entsprechende Untersuchungen betrachtet er die (im Vergleich zur bemalten Keramik) unzureichende Publikation der Schwarzfirnisware. Johnstons Blick geht über Naukratis hinaus, indem er kursorisch die Verbreitung beider Keramikgruppen andernorts zusammenfasst (106-109).

Der zweite Teil der Publikation beschäftigt sich mit der Feinkeramik. Athena Tsingarida (115-117) eröffnet diesen mit einer Zusammenfassung der bisherigen Diskussion zum antiken Handel.

Gary Reger behandelt im Anschluss den Regionalismus (119-131) sowie die damit verbundenen Schwierigkeiten. Auf der einen Seite wählt er den Konflikt zwischen dem Ort Mylasa und dem Heiligtum von Labraunda. Beide gehören zur Region Karien. Der Konflikt stellt die Zusammengehörigkeit beider Orte in Frage. Die Keramik aus dem Heiligtum bietet hier keine Hilfe. Neben importierter Keramik ist auch lokale, karische vorhanden (120). Dem gegenüber stellt er die Chaco-Kultur, 900 – 1140 n. Chr., in New Mexiko. Der Chaco Canyon ist geographisch sicher eine geschlossene Region. Die Chaco-Kultur findet sich allerdings auch außerhalb des Canyons wieder. Mit dieser Gegenüberstellung versucht Reger, die Schwierigkeiten der Begriffe zu verdeutlichen.

Zosi Archibald (133-157) fragt nach der wirtschaftshistorischen Aussagekraft der Keramik. Zunächst setzt sie sich daher mit der Diskussion zum antiken Handel auseinander und widmet sich erneut dem Stellenwert der Keramik im Handel (133-140). Nach der Auseinandersetzung mit der Keramik folgert sie, dass die Keramik zumindest ein Symptom für den Handel ist. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch die Rezensentin in ihrer 2011 vorgelegten Dissertation.1

Es folgen mehrere Beiträge, die stärker auf einzelne Orte fokussiert sind. Thomas R. Patrick (159-170) beschäftigt sich mit der protokorinthischen Keramik in Syrakus. Anschließend bietet Katerina Rhomiopoulou einen kurzen Abriss zu den nordgriechischen Märkten (171-174). Dem folgt Eleni Manakidou (175-187) mit einem Beitrag zu korinthischen und attischen Importen und Imitationen in Karabournaki (Makedonien). Weitergeführt wird dieser Teil von Elisabeth Trinkls Arbeit (189-202) zu der importierten Schwarzfirnisware im westlichen Kleinasien. Der Fokus liegt hier auf Ephesos, doch auch andere Orte werden einbezogen (197-201). Martine Denoyelle kehrt mit ihrem Beitrag wieder nach Italien zurück. Sie beschäftigt sich mit der unteritalischen Keramik im etruskischen Spina (203-211).

Abgeschlossen wird der zweite Teil mit einem allgemeinen Beitrag von Sandrina Elaigne (213-228): Sie thematisiert die Verbreitung der Feinkeramik im 2. Jh. v. Chr. am Beispiel der Funde aus Alexandria, Beirut, Delos und Thasos.

Der dritte Teil befasst sich mit den Vorratsgefäßen, eingeleitet von Raymond Descat (231-232), der sie als einen Schlüssel zum Verständnis des antiken Handels sieht.

Zunächst geht Pierre Dupont auf die Transportamphoren in den griechischen Kolonien am Schwarzmeergebiet ein (233-236). In seinem kurzen Beitrag wird die Wichtigkeit archäometrischer Untersuchungen zur Provenienzanalyse betont. Franca Cibecchini bearbeitet eine ähnliche Frage für das westliche Mittelmeergebiet (237-249). Sie untersucht den Wein- und Keramikhandel anhand der Schiffswracks, insbesondere verschiedene Produktionen Greco-Italischer Amphoren. Die Aussagekraft der Schiffswracks für den Handel relativiert sie jedoch, da diese nur einen Ausschnitt widerspiegeln. So sei die weit verbreitete attische Keramik nur in geringen Mengen in den Wracks vorhanden (237). Der Beitrag von Fabienne Burkhalter (251-271) behandelt Transportamphoren anhand ptolemäischer Papyri, die neben Informationen zu Steuern (252-254) und Preisen (261-270), auch welche zur Produktion liefern (254-256).

Den Abschluss des dritten Teils bilden Natacha Massar und Annie Verbanck-Piérard (273-298). Sie analysieren die Beziehung zwischen Parfum und Parfumgefäß (284-293), wobei beide zunächst einzeln untersucht werden. Eine direkte Beziehung zwischen ihnen ist nicht feststellbar (293). Beide wurden getrennt erworben.

Eine Zusammenfassung von Roland Étienne und Pierre Rouillard (301-304) beendet den Band.

Inhaltlich bietet der Band einen guten Überblick über den aktuellen Forschungsstand zum antiken Handel, der anhand von einzelnen Beispielen zusammengefasst wird ohne allerdings viel Neues zu bieten. Die seit langem diskutierten Fragen werden vorgestellt, können hier jedoch nicht beantwortet werden. Antworten sollten aber auch nicht erwartet werden. Das Zusammentragen und das Bewusstmachen der Schwierigkeiten, die diese Thematik umfasst, sind ein gutes Ergebnis des Symposions. Die allgemeineren Beiträge und die ihnen gegenübergestellten Fallbeispiele bilden dazu eine ausgewogene Mischung. Sie bieten auf der einen Seite einen Einblick in die Wirtschaftstheorien und die Problematik das moderne Verständnis von Wirtschaft auf die Antike zu übertragen, auf der anderen Seite einzelne Analysen, mit deren Hilfe auch die Grenzen der Auswertung aufgezeigt werden. Es wird deutlich, an welcher Stelle die Forscher, die sich nicht mit wirtschaftshistorischen Fragen beschäftigen, gefordert sind. Besonders die Publikationslage der Gebrauchsware, aber auch der undekorierten Feinkeramik weist große Lücken auf. Manche dieser Lücken allerdings, insbesondere bei Altgrabungen und Raubgrabungen, werden nicht mehr zu schließen sein. An anderen Stellen, bei neuen Ausgrabungen oder der Aufarbeitung von Altgrabungen, kann hier aber eine bessere Grundlage für die Auswertung geschaffen werden. Der Fokus sollte gleichermaßen auf kunsthistorische und wirtschaftshistorische Fragestellungen gelegt werden bzw. die Vorlage des Materials sollte die Bearbeitung verschiedener Fragestellungen ermöglichen.



Notes:


1.   Rebecca Diana Klug, Griechische Transportamphoren im regionalen und überregionalen Handel. Untersuchungen in griechischen und nicht-griechischen Kontexten in Unteritalien und Sizilien vom 8. bis zum 5. Jh. v. Chr. (Rahden/Westf. 2013).

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